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Collin Coel

Staycation: Urlauben in der neuen Normalität

Längst sind die Zeiten vorbei, da es zwingend die Fernreise sein musste, um in Urlaubsstimmung zu kommen. Der Urlaub zu Hause, auch Staycation genannt, erfreut sich größerer Beliebtheit denn je. Mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 8 Prozent ist bis 2033 zu rechnen.


Zwei junge Damen im Badeanzug am Poolrand mit Kokosnuuüssen in den Händen

Quelle: kroshka_nastya auf Freepik | Designed by Freepik


Der Umwelt zuliebe – die Wurzeln

 

Seit der Corona-Krise ist Staycation, das Kofferwort aus stay (bleiben) und vacation (Urlaub), in aller Munde. Was erst bloß als Spleen kleinkarierter, knausriger Umweltapostel verschrien war, mauserte sich mit den Reisebeschränkungen der Pandemie rasch zur allgemeinen Notwendigkeit: der Urlaub auf Balkonien.


Wenn allein 2017 die Reisemobilität 111 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgeschüttet* hat, ist es so verkehrt beileibe nicht, entschieden und mit Nachdruck auf Staycations zu setzen. Devise: Warum in die Ferne schweifen, wenn es zu Hause doch am schönsten ist? So spart jeder Deutscher, der am Boden bleibt und den Flug auf die Kanaren streicht, der Umwelt 1800 kg CO2e. Macht nach Adam Riese sage und schreibe 7,2 t CO2e bei einer vierköpfigen Familie. Auf eine Umweltbelastung dieser Größenordnung kommt ein vollbesetzter Mittelklassewagen erst bei Kilometer 45 000.


Mädchen beim Fangen von Schmetterlingen zussmmen mit Eltern im Zelt beim Spielen der Ukulele

Quelle: freepik auf Freepik | Designed by Freepik


Auch wenn nun mit Staycations die Bedeutung für den Umweltschutz außer Frage steht, bedarf es nach wie vor mehr äußerer Zwänge, um das nachhaltige Reisen zu befeuern. Zur Stunde ist es unstreitig die hohe Inflation, die bei den Deutschen für einen Gesinnungswandel im Reiseverhalten sorgt. So kokettieren ob der gestiegenen Lebenshaltungskosten 40 Prozent der deutschen Bundesbürger mit einer drastischen Reduktion ihrer Fernreisen.


Gekommen, um zu bleiben – die Zahlen

 

Der Schein trügt nicht. Es ist kein Leichtes, für Staycation eine Definition zu finden, die auf ungeteilte Zustimmung stößt. Während die einen Staycations aufs Urlauben im Wohnort und unmittelbaren Einzugsgebiet beschränken, nehmen es die anderen mit der Begriffsbestimmung weit lockerer und heißen all jene Staycationer, die im Urlaub ihr Land nicht verlassen. 


Gesetzt den Fall, dass ein Inlandsurlaub unter Staycation fällt, dürfen sich die Deutschen durchaus zu den Trendsettern zählen. Immerhin hatte 2022 jeder dritte Befragte bekundet, in der Heimat nach Erholung und Entspannung zu suchen. Neben der Ostseeküste sind dabei namentlich die Bundesländer Bayern und Mecklenburg-Vorpommern die erklärten Reiseziele der Deutschen. Dieser erfreuliche Umstand wiegt umso schwerer, als die Bundesbürger damit nicht nur die Umwelt entscheidend schonen. Vielmehr fließen dadurch rund 24,4 Milliarden Euro in die heimischen Tourismusbetriebe, nachdem den Deutschen 2019 ihre Urlaubsreisen 73,1 Milliarden Euro wert* waren.


Gruppe junger Leute beim Bestellen im Café

Quelle: Drazen Zigic auf Freepik | Designed by Freepik


Ähnlich erfreulich sieht es auch jenseits des Großen Teichs aus, wie die jüngsten Umfragen unter US-Bürgern zeigen. 2023 haben 44,4 Prozent der Amerikaner den Urlaub vor Ort einem Auslandsaufenthalt vorgezogen. Wenig überraschend zieht es dabei 47,4 Prozent der Inlandsurlauber an den Strand, während sich 30,7 Prozent für einen Abstecher in den Big Apple entscheiden. Daneben erfreuen sich die Niagarafälle ebenso regen Zustroms wie das Disney World Resort in Orlando. Dass die Amerikaner bei ihren Inlandstrips pro Kopf und Nase rund 160 US-Dollar weniger ausgeben als die Deutschen, steht auf einem anderen Blatt.


Mehr als nur ein Schnäppchen – die Vorteile

 

Staycation einen Urlaub ohne jeglichen Stress zu heißen ist nicht weit hergeholt. Wer für seine Auszeit das traute Heim vorsieht, vermag schließlich buchstäblich nach Arbeitsschluss bereits in den Urlaub einzutauchen. Devise: Wein einschenken, Füße hochlegen, Glotze anknipsen. Und fertig ist die Laube! Weder bedarf es lästiger Reisevorbereitungen noch müssen Koffer gepackt werden. Schon gar nicht braucht sich der Urlauber um Flug- und Bahnverspätungen einen Kopf zu machen, mit dem Jetlag klarzukommen oder Reiseübelkeit und Seekrankheit Paroli zu bieten.


Leute bei Grillparty im Garten

Quelle: freepik auf Freepik | Designed by Freepik


Wenn 48,8 Prozent der 2023 befragten US-Bürger im Urlaub die Entspannung am wichtigsten* ist, 44,9 Prozent Zeit mit ihrer Familie verbringen wollen und 42 Prozent auf Spaß und Unterhaltung aus sind, bedarf es wahrlich nicht des Trips ans andere Ende der Welt. Lediglich zum Kulturtrip taugt laut 52,3 Prozent der Befragten die Fernreise entschieden besser als der Inlandsurlaub. Das liegt bei Tage besehen allerdings in der Natur der Sache. Dafür entbehrt es jeder Logik, dass Staycations nicht zwingend erschwinglicher als Auslandsreisen erachtet werden. So halten 87,1 Prozent der Staycationer ihre Urlaubsform für die kostengünstigere, satte 80,5 Prozent der Auslandsreisenden teilen diese Ansicht indes mitnichten.


Tapetenwechsel nicht ausgeschlossen – die Möglichkeiten


Wer knapp bei Kasse ist und sich als Urlauber für den Verbleib im Wohnort entscheidet, muss nicht gezwungenermaßen auf alles verzichten, was Otto Normalverbraucher für gewöhnlich mit Urlaubsfreuden assoziiert. Namentlich mag es ratsam sein, in der Auszeit für einen Tapetenwechsel zu sorgen. Während sich bei Auslandsreisen Internetplattformen wie Couchsurfing zum Übernachten anbieten, ist in der Heimat unstreitig der Wohnungstausch mit Freunden oder Arbeitskollegen eine Option. Und sollte daran nicht zu denken sein, schafft allemal noch die Staycation im Hotel wenigstens für ein verändertes Umfeld, wenn einem schon die Kosten nicht erspart bleiben. Nachdem bei Staycations allerdings keine Flugspesen anfallen, sollte so und so ein Hotel mit allem Komfort und zurück drin sein. Mit Massagen, Sonnenbädern, Golf-, Tennis- oder Yogakursen sowie kulinarischen Genüssen ohne Ende hat keiner einen ersichtlichen Grund, Zeter und Mordio zu schreien und nach einem Trip ins ferne Ausland zu schielen.


Womöglich ist auch das schiere Nichtstun die beste Erholung. Allein schon die Auszeit von Smartphone & Co mag digital Gestressten als der reinste Segen erscheinen. Nicht von ungefähr nehmen sich ihrer neuerdings Hotels an und locken mit Digital-Detox-Programmen. Ein Grund mehr, mit einer Staycation im Hotel zu liebäugeln.


Junger Mann im Kajak auf einem See

Quelle: freepik auf Freepik | Designed by Freepik


Steht jemandem nach Untätigkeit nicht unbedingt der Sinn, laden Staycations regelrecht dazu ein, auf den Spuren von Alastair Humphreys zu wandeln und den Mikroabenteurer herauszukehren. Dazu genügt es, sich in die freie Natur zu verfügen und mit einmaligen Outdoor-Aktivitäten bleibende Erinnerungen zu schaffen. Wer Bock auf Wildwasser hat, könnte von daher versucht sein, sich mit dem Kajak die Stillach hinunterzustürzen. Folgt diesem Wildwasserabenteuer endlich eine Übernachtung im Freien, ist den Auflagen eines Mikroabenteuers allemal Genüge getan.  


Gewusst wie – die Empfehlungen


  • To-do-Liste erstellen

Der Plan ist die halbe Miete. Staycations bilden da keine Ausnahme. Beizeiten Tickets zu kaufen oder Kurse zu buchen gehört zum stressfreien Urlaub auf Balkonien wie das Amen in der Kirche. 


  • Zu neuen Ufern aufbrechen

Wer die ausgetretenen Pfade verlässt, hat unweigerlich das Gefühl, aus dem gewohnten Alltag auszuscheren. Und genau darum geht es beim Urlaub zu Hause. Neue Orte zu erkunden oder verborgene Talente auszugraben* kann von daher mitnichten schaden. 


Mutter und Sohn beim Training mit Widerstandsband

Quelle: freepik auf Freepik | Designed by Freepik


  • Nicht auf den Pfennig sehen

Nachdem die Kosten für Flüge und gegebenenfalls auch für Hotels kein Thema sind, steht genug Zaster zu Gebote, um sich in ein schickes Restaurant zu verfügen oder sich beim Streifzug durch die Stadt einen Luxusartikel wie eine Handtasche von Bottega Veneta zu gönnen. 



* Unbezahlter Weblink (Eigenwerbung)


Zur besseren Lesbarkeit arbeitet dieser Blog mit dem generischen Maskulinum. Die Personenbezeichnungen der Beiträge beziehen sich — sofern nicht anders angegeben — auf sämtliche Geschlechter.

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