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Collin Coel

Trennungsangst Erwachsener: Einem Rätsel auf der Spur

Aktualisiert: 29. Mai

Die Trennungsangst Erwachsener gilt gemeinhin als wenig erforscht. Dies ungeachtet der Tatsache, dass ein Drittel der Betroffenen bereits in der Kindheit darunter leidet. Generell treibt mehr Frauen als Männer die Sorge um, den geliebten Menschen nächstens zu verlieren. Der Verlustangst Erwachsener lässt sich allerdings wirksam begegnen.


Paar in Handschellen

Quelle: Alfred Derks auf Pixabay


Abgrenzung der Trennungsangststörung

• Die Funktion


Erst ist es die Übelkeit kurz vor der Bettruhe, dann das Zetergeschrei beim Gang in die Kita. Und endlich sorgt der obligatorische Schulausflug für das heulende Elend. Wenn Kinder unter Trennungsangst leiden, brauchen sich Eltern in der Regel keinen Kopf darum zu machen. Immerhin sichert sie dem Nachwuchs bloß das Überleben. Anders gesagt ist sie das Natürlichste der Welt. Bloß wenn sich die Trennungsangst hartnäckig hält und die wachsende Selbstständigkeit des Kindes mit ihr nicht nach und nach aufräumt, ist ärztliche Hilfe angezeigt. Und während nun Kinder ausschließlich um den Verlust der Eltern fürchten, sehen Erwachsene, die unter Trennungsangst leiden, ihre geliebten Menschen in Gefahr. Ist nicht der Partner Auslöser der Störung*, dann allemal ein geschätztes Familienmitglied oder ein enger Freund. Nicht von ungefähr ist dabei von einer Störung die Rede. So ist die Trennungsangst Erwachsener von Dauer. Vor allen Dingen haben sich aber die funktionalen Prioritäten verschoben. Mit der Überlebensfunktion der Eltern hat die Gegenwart der Bezugspersonen im Erwachsenenalter absolut nichts gemein.


Kind an der Hand der Eltern

Quelle: Pexels auf Pixabay


• Die Häufigkeit


Aus Untersuchungen erhellt, dass 2 bis 3 Prozent der 4- bis 13-Jährigen, 6,6 Prozent der Erwachsenen hingegen mit der Trennungsangst ihre liebe Not haben.


Symptome der Trennungsangststörung


• Die emotionale Belastung


Im Prinzip sind für die Trennungsangst die Symptome rasch aufgezählt. So ist es nur natürlich, dass mit dem Gefühl der Angst eine gewisse Nervosität einhergeht. Auch fühlen sich die Betroffenen verletzlich. Allein beim Gedanken daran, künftig womöglich allein zu sein, wird ihnen speiübel. Einesteils ist ihnen der Unterschied zwischen Alleinsein und Einsamkeit nicht geläufig, andernteils haben sie scheint’s nicht beizeiten gelernt, auf eigenen Beinen zu stehen und die Dinge selbst anzupacken. Speziell wenn Letzteres zutrifft, hat die Aggressivität als Ausfluss der Verzweiflung Konjunktur.


• Die Beeinträchtigung der Lebensqualität


Selbstredend kann von einer Sicherung der Lebensqualität* nicht länger die Rede sein, wenn Schlafstörungen, Panikattacken und Zwangshandlungen fortan den Alltag diktieren. Hinzu kommt, dass sich bei den Betroffenen zu den üblichen Sorgen und Ängsten für gewöhnlich Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, bipolare Störungen, Zwangsstörungen und Suchterkrankungen gesellen. Spätestens dann ist es höchste Eisenbahn, die Trennungsangst zu überwinden.


Ursachen der Trennungsangststörung


Bedingt durch das komplexe Wechselspiel zwischen angeborenen und anerzogenen Faktoren ist es kein Leichtes, den wahren Schuldigen für die Trennungsangst auszumachen. Dass die Veranlagung dabei eine maßgebliche Rolle spielt, stellt niemand in Abrede. So ist erfahrungsgemäß bei introvertierten, schüchternen Menschen eher mit Ängsten zu rechnen. Nichtsdestotrotz steht aber zu vermuten, dass vor allen Dingen traumatische Erfahrungen wie Verlust oder Ablehnung eine veritable Trennungsangst auslösen. Ist die Trennungsangst in Beziehungen ein Thema, dann wahrscheinlich deshalb, weil die betroffene Person an Minderwertigkeitskomplexen laboriert und mit der finanziellen Abhängigkeit eine schwere Last zu tragen hat.


Folgen der Trennungsangststörung


• Die Unselbstständigkeit


Während das Abhängigkeitsverhältnis noch hingeht, sind Erziehungsfehler der Eltern unverzeihlich. Eltern, die ihrem verwöhnten Kind aus Prinzip angsteinflößende Situationen ersparen, erweisen ihrem Liebling unstreitig einen Bärendienst. Immerhin muss ein Kind die Möglichkeit haben, zu lernen, mit schwierigen Situationen klarzukommen. Ohne sie gehen Unselbstständigkeit und Trennungsangst Hand in Hand. Und für Muttersöhnchen und Vatertöchterchen ist im rauen Wirtschaftsalltag kein Platz. Insofern überrascht es nicht, dass Menschen, die unter Trennungsangst leiden, vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden.


• Das Beziehungsunglück


Susan Bögels, die klinische Psychologin der Universiteit van Amsterdam, kennt das Problem der Trennungsangst in Beziehungen nur allzu gut. Die Betroffenen verspüren ein übertriebenes Bedürfnis nach Sicherheit und verdammen ihren Partner zu unliebsamen gemeinsamen Aktivitäten. Statt sich also in der Kneipe mit Freunden zum Umtrunk zu treffen, muss sich der Ehemann unentwegt die nervigen Liebesschmonzetten aus Hollywood an der Seite seiner Herzallerliebsten im trauten Heim reinziehen. Dass damit die Stabilität der Partnerschaft* auf des Messers Schneide steht, ist klar. Nicht genug damit. De facto ist jede Form des Kontrollverlusts Anlass zur Kritik. Und wenn die Eifersucht endlich wunderliche Blüten treibt und es Unterstellungen hagelt, ist das Ende der Beziehung nur noch eine Frage der Zeit.


Paar mit abgewandtem Blick

Quelle: Tumisu auf Pixabay


Behandlung der Trennungsangststörung


• Die Notwendigkeit


Trennen sich die Wege zweier Menschen, braucht es für gewöhnlich mitnichten den Arzt, um mit dem Trennungsschmerz klarzukommen. Ein besorgtes, bemühtes Umfeld reicht vollauf. Erst bei Verhaltensauffälligkeiten, Isolation und Teilnahmslosigkeit sollten die Alarmglocken läuten und Ärzte konsultiert werden. Bei Panik, Hysterie, Depression, Schlafstörungen, Magenbeschwerden, Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen wirkt ärztliche Hilfe Wunder. Ein Arztbesuch mag aber auch angezeigt sein, wenn ständige Übelkeit im Verein mit Erbrechen und Durchfall auf die innere Anspannung einer Person durch die Trennungsangst schließen lässt.


• Die Möglichkeit


Generell gilt: Selbst ist der Mann. So ist alles, was auf die Selbstständigkeit eines Menschen abzielt, gefragt. Während Kinder mit dem Einkauf im Lebensmittelladen aufs rechte Gleis geraten, bedarf es in einer Beziehung der finanziellen Unabhängigkeit der Partner. Wer allerdings bloß über ein dürftiges Selbstwertgefühl verfügt, sollte sich um den Aufbau eines sozialen Netzwerks* bemühen. Damit steht nicht länger nur der Partner im Fokus des Interesses und ist die Gefahr gebannt, durch eine allfällige Trennung von ihm allein auf weiter Flur zu stehen. Letztlich ist eine entspannte Atmosphäre ohne Trennungsangst aber dem Grundvertrauen geschuldet. Mit ihm stellt sich die geforderte Gelassenheit automatisch ein. Und wer nach der Extraportion Gelassenheit schreit, hat allemal die Möglichkeit, sich mit Yoga, autogenem Training oder progressiver Muskelentspannung auf Kurs zu bringen.


Frau mit Blick auf soziales Netzwerk

Quelle: Gerd Altmann auf Pixabay


• Die Problematik


Aus gutem Grund heißt Katherine Shear von der Columbia University die Trennungsangststörung einen Vulnerabilitätsfaktor für eine Unmenge an psychischen Störungen. Wenn nämlich irrtümlich eine Depression oder Angststörung diagnostiziert wird und von daher eine Therapie auf der Strecke bleibt, sind Depression und Schizophrenie nur einen Steinwurf entfernt. Was aber weit mehr wiegt: Eine auf die Trennungsangststörung zugeschnittene Therapie ist zur Stunde nicht erhältlich. Stattdessen wird bei ärztlicher Konsultation mit Psychopharmaka, Entspannungsverfahren und Methoden der Verhaltenstherapie wie systematischer Desensibilisierung gearbeitet. Nachdem vielen Patienten, die unter Trennungsangst leiden, auf diese Weise nicht geholfen ist, ist es unerlässlich, die Forschung voranzutreiben.


* Unbezahlter Weblink (Eigenwerbung)

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