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Collin Coel

Verhandlungssicher: Körpersignale richtig deuten

Aktualisiert: 29. Mai

Es gleicht unstreitig einer Kunst, dem Verhandlungspartner die Larve vom Gesicht zu reißen und sich über seine wahren Motive und Absichten im Klaren zu sein. Umso ratsamer ist es, die Körpersprache zu studieren. Einesteils sind ihr gut 80 Prozent der kommunikativen Wirkung geschuldet, andernteils entzieht sie sich weitgehend der menschlichen Kontrolle. Und gerade darob ist die Körpersprache der beste Gradmesser für die Vertrauenswürdigkeit von Geschäftsleuten.


Verhandlungspartner am Verhandlungstisch

Quelle: Werner Heiber auf Pixabay


Nonverbale Kommunikation: Botschaften in Hülle und Fülle


In Anbetracht der kolportierten 250.000 Gesichtsausdrücke, 5000 Gesten und 1000 Körperhaltungen hat das Studium der Körpersprache unstreitig was von einem Mammutprojekt. Fakt ist freilich, dass Authentizität, Glaubwürdigkeit und Vertrauen nur vermittelt, wer nachweislich die Körpersignale mit seinen Aussagen in Einklang bringt. Ohnehin reicht das A und O der Mimik, Gestik, Körperhaltung und Berührung völlig hin, um zu wissen, ob dem Verhandlungspartner der Respekt ein wahres Anliegen* ist.


• Die Mimik


Nicht von ungefähr gelten die Augen als Fenster zur Seele. Es beginnt schon mal damit, dass Untersuchungen der Prager Karls-Universität zufolge Männer mit braunen Augen als vertrauenswürdiger erachtet werden als solche mit blauen Augen. Ob es jedem beschieden ist, Augen wie ein Luchs zu haben und von der Pupillenerweiterung etwa auf Angst oder Sympathie zu schließen, steht auf einem anderen Blatt. Auch darf bezweifelt werden, ob sich sämtliche Geschäftsleute im Stande sehen, gleich einem Lügendetektor aus der ungewöhnlichen Augenbewegung auf eine Lüge zu schließen. Dafür zeugt ein intensiver Blick unstreitig von persönlicher Stärke. Aus gutem Grund fühlen sich ausgemachte Alphatiere zum Verhandlungsauftakt versucht, den Verhandlungspartner mit dem prüfenden Blick herauszufordern. Devise: Wer später wegblickt, hat die besseren Nerven und wird vermutlich als Sieger vom Platz gehen. Starten denn Verhandlungen in der Tat mit einer solch albernen Kinderei, dürfte auch das entwaffnende Lächeln zu nichts nütze sein. An sich ist das Lächeln aber das beste Mittel, um das Eis zu brechen und eine angenehme Verhandlungsatmosphäre zu schaffen.


• Die Gestik


Wer auf die Vorteile der Gestik scharf ist, muss sich zwingend ein Bild von den jeweiligen Gepflogenheiten der Kulturkreise machen. Während nämlich in den europäischen Breiten der Händedruck als Zeichen der Höflichkeit und des Respekts gewertet wird, ist er in Japan und China absolut verpönt. Dort wie da reduzieren sich die Gesten jedoch letztlich auf fünf Formen. So unterstreichen naturgemäß Illustratoren das Gesagte, genügt also etwa eine ausladende Handbewegung, um die Größe eines Stapels zu verdeutlichen. Das Kopfnicken als Bejahung einer Frage zählt hingegen zu den sogenannten Emblemen, also kulturspezifischen Körpersignalen. Adaptoren sind hinwiederum Angewohnheiten aus der Kindheit, die im Erwachsenenalter unbewusst ablaufen. Regulatoren sind dafür bewusst gesetzte Kontrollmaßnahmen, die beispielsweise dem Zuhörer bedeuten, augenblicklich die Klappe zu halten. Die Affektgesten runden endlich das Sammelsurium der Gestik ab. In ihnen bekundet sich schlicht und ergreifend eine unwillkürliche emotionale Reaktion. Dementsprechend klappt Otto Normalverbraucher die Kinnlade herunter, wenn er über die Maßen überrascht ist.


• Die Körperhaltung


Es hat schon so seine Richtigkeit, mit einer aufrechten Körperhaltung Charakterstärke zu assoziieren. Wer mit beiden Beinen fest auf der Erde steht und mit geschwellter Brust und erhobenen Hauptes von seinen Unterfangen berichtet, hat scheint’s etwas im Leben erreicht, was ohne Wenn und Aber der Erwähnung wert ist. Diese Bilder und Redensarten sind in den Köpfen der Menschen derart verankert, dass niemand umhinkann, einem Kerl mit einem lahmarschigen Gang den Rücken zu kehren, in einen zackigen Gang hingegen Impulsivität, Selbstbewusstsein und Dynamik hineinzuinterpretieren.


• Die Berührung


Selbstredend gehört zur nonverbalen Kommunikation auch die Berührung. Wenn eine 20-sekündige Umarmung den Oxytocin-Spiegel merklich hebt und die Betroffenen einander dadurch unwillkürlich mehr vertrauen, ist die Berührung allemal eine Überlegung wert. Im Grunde genommen genügt aber bereits eine flüchtige Berührung von ein oder zwei Sekunden, um allfällige Ängste in alle Winde zu zerstreuen.


Autoritätsgefälle: Die Schafe von den Böcken scheiden


• Der Hochstatus will gelernt sein


Die Wissenschaft ist voll des Lobes über die sogenannten Power-Posen. Sie unterscheiden den Hochstatus vom Tiefstatus, sprich den Machtmenschen vom Subalternen. Es mag dabei durchaus zutreffen, dass sich der Machtmensch durch die bewusste Selbstinszenierung automatisch etwas Besseres dünkt und ihn die gelebte Distanz zu den Untergebenen glauben macht, souverän wie kein Zweiter aufzutreten. Nicht selten ist ein zu offensichtliches Machtgefälle allerdings schlicht das Indiz eines vergifteten Betriebsklimas*. Dies deshalb, weil der Hochstatus regelmäßig mehr eine Frage der Veranlagung als wirklich ein Beleg für ein ansehnliches Selbstwertgefühl ist. Wer es von Haus aus gewohnt ist, offen seine Meinung kundzutun, wild zu gestikulieren und zu reden wie ein Wasserfall, qualifiziert sich keinen Deut weniger für eine Führungsposition als jener, der dem Hochstatus gemäß nichts von sich preisgibt, bloß das Allernötigste sagt und jedes einzelne Wort regelrecht dreimal im Mund umdreht, ehe es geäußert wird.


Zwei Geschäftsleute am Verhandlungstisch

Quelle: Wix.com


• Die Power-Posen beizeiten erkennen


Aus der Körpersprache in der Verhandlung Nutzen zu ziehen heißt vielmehr, sich der Power-Posen umgehend bewusst zu sein. Wer mit den Power-Posen bestens vertraut* ist, vermag augenblicklich den Blender vom Visionär zu unterscheiden und namentlich seinen Chef richtig zu taxieren. Entscheidend sind dabei die vermeintlichen Kleinigkeiten, die in Summe einen vorbildlichen Vorgesetzten ergeben. Heißt im Klartext: Ein Gespräch auf Augenhöhe ist naturgemäß ausschließlich dann möglich, wenn der Mitarbeiter nicht eine Etage tiefer sitzt als der Chef und der Chef bewusst den Blickkontakt sucht. Auch betritt ein guter Vorgesetzter ungeniert das Büro seines Mitarbeiters, statt die Angelegenheit zwischen Tür und Angel zu besprechen und dabei als Ausdruck der Skepsis die Arme zu verschränken oder sie in die Hüften zu stemmen. Weder verschwinden die Hände unterm Tisch noch in den Hosentaschen. Zackige Handbewegungen unterbleiben, vielmehr geben ruhige, ausladende Handbewegungen der Szene das Gepräge. Kein Spiel mit dem Stift oder der Brille deutet auf Ungeduld und Ärger hin. Dafür indiziert die Schräglage des Kopfs Zuversicht und zeugt die Anpassung der Körpersprache an jene des Untergebenen gar von ostentativer Sympathie.


Verhandlungstaktik: Sich selbst ins rechte Licht rücken


• Zeichen setzen


Um diese Spiegeltechnik, auch Chamäleon-Effekt genannt, wissen erfolgreiche Unternehmer wie der in Marbella lebende Schwede Rickard Delér bestens Bescheid. Natürlich ist es mit der Synchronisation der Körpersignale allein nicht getan, um seiner Verhandlungsauflage gerecht zu werden. Wer wie er danach trachtet, dass sich kein Verhandlungspartner übervorteilt fühlt und alle den Verhandlungstisch mit ähnlich zufriedenen Gesichtern verlassen, kennt das Abc der selbstbewussten Ausstrahlung wie seine Westentasche. Gerade, aufrecht und unverkrampft mit gleichmäßiger, tiefer Atmung unentwegt den Blickkontakt zu halten gehört zu seinem Wesen. Die körpernahe, reduzierte Gestik strahlt dabei ebenso Ruhe und Gelassenheit aus wie die feste, sonore Stimme. Und das breite Lächeln tut ein Übriges. Zuweilen schadet es auch nicht, zusätzlich mit einer Tasse Kaffee aufzuwarten. Wissenschaftlich ist es nämlich erwiesen, dass warme Hände Menschen gefügiger machen. Zumindest haben sich Frauen beim Schlürfen des Kaffees um ein Bedeutendes wohlwollender über andere Personen geäußert.


Geselliger Kaffeeplausch junger Damen

Quelle: Wix.com


• Fehler vermeiden


Wer sich während des Gesprächs an den Mund, die Nase oder das Ohr fasst, gibt sich im Allgemeinen den Anschein des Lügners. Nichts ist gleichwohl schlimmer, als falsche Schlüsse zu ziehen und den Halo-Effekt als Wahrnehmungsfehler* achtlos zur Seite zu schieben. Zum Lügner stempelt den Gesprächspartner nämlich erst dann eine derartige nervöse Begleiterscheinung, wenn sie gehäuft auftritt. Ja, realiter geziemt es sich nicht einmal, aus einem Einzelmerkmal ein Gesamtbild der Person abzuleiten. Die isolierte Betrachtung von Körpersignalen verbietet sich von daher in der Interpretation der Körpersprache.


* Unbezahlter Weblink (Eigenwerbung)

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