Wiewohl den Rapper Sido seine neue Platte »Paul« einmal mehr an die Spitze der deutschen Album-Charts katapultiert hat, geben auch 2022 kurz vor Heiligabend die Weihnachtsalben den Ton an. So belegt Sarah Connor mit »Not So Silent Night« Platz zwei, während »Christmas« Michael Bublé Platz fünf bescherte. Noch krasser spiegeln die Weihnachtsstimmung der Deutschen bloß die Singe-Charts wider. Die fünf Spitzenplätze gehören samt und sonders den Weihnachtssongs. Kein Wunder also, dass die Musikindustrie den Weihnachtsmarkt um keinen Preis missen möchte.
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Selbst schwedische Pop-Legenden auf dem Weihnachtstrip
Unverbesserliche Miesepeter werden zwar immer Weihnachtssongs zum Kotzen finden, für die Mehrzahl der Menschen ist Weihnachten ohne Weihnachtsmusik aber undenkbar. Namentlich wenn die »Queen of Christmas«, Mariah Carey, seit 2021 mit dem Gospel-Soul-Song »Fall In Love At Christmas« eine Alternative zu ihrem Dauerbrenner »All I Want For Christmas Is You« im Angebot hat.
Die Gefahr einer nervigen Dauerberieselung* stellt sich bei Tage besehen allerdings ohnehin nicht. So hat 2022 die populäre A-cappella-Gruppe Pentatonix mit »Holidays Around the World« ihr mittlerweile sechstes Weihnachtsalbum vorgelegt. Und Branchengrößen à la Alicia Keys, Sam Smith oder Lizzo buhlen um Radiozeit und hoffen inständig, mit ihren musikalischen Weihnachtsbotschaften auf den großen Playlists der Streaming-Dienste zu landen.
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Für wirkliche Furore hat 2021 allerdings die schwedische Kultband ABBA gesorgt. Einesteils haben die Poplegenden nach gut vier Jahrzehnten Trennung wieder zueinandergefunden, andernteils mit dem Album »Voyage« einen Comeback-Erfolg ungeahnten Ausmaßes gefeiert. Dass dabei der Track »Little Things« die Bedürfnisse der Weihnachtsfans bedient, tut ein Übriges. Das lange Warten der ABBA-Fans hat sich mithin gelohnt.
Ein Weihnachtshit gleicht einem Lottogewinn
Die Zahlen können sich sehen lassen. Ja, de facto sind Weihnachtslieder echte Bringer. Allein in den USA wurden 2018 damit schätzungsweise 177 Millionen US-Dollar umgesetzt. Entscheidend ist es dabei, das Streaming für sich zu gewinnen. Immerhin zeichneten 2021 in den USA Weihnachtslieder für 10 Prozent aller Musikstreams verantwortlich.
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In der Tat kennt das Musikbusiness kein lukrativeres Geschäft als die Weihnachtsmusik*. Nicht von ungefähr zieht Noddy Holder (76), der Frontmann der Glam-Rock-Band Slade, den Vergleich mit einem Lottogewinn. Und er muss es wissen. Schließlich streicht er für seinen Song »Merry Christmas Everybody« Jahr für Jahr 1,25 Millionen Euro ein. Damit führt der Brite die 2021 vom Fernsehsender Channel 5 ermittelte Liste der Topverdiener an.
Auf Tantiemen in Höhe von rund 496.000 Euro bringt es immerhin noch »Fairytale of New York«. Der Pogues-Klassiker zählt für Musikliebhaber zu den schönsten Weihnachtsliedern der Popszene* überhaupt. Für das Piano-Intro schwärmen sie ebenso wie für die irischen Folk-Rhythmen. Und gepaart mit weihnachtlichen Klängen muss damit unweigerlich ein Hörgenuss vom Feinsten resultieren. Zum Revival dieses Weihnachtsklassikers hat 2021 unter anderem Aldi in Großbritannien beigetragen, nachdem die Weihnachtswerbung des Discounters mit dem Pogues-Hit unterlegt war.
Hook voranstellen und mit Klassikern auf Beutefang gehen
Für gewöhnlich arbeiten Hooks mit drei bis vier Noten, etliche Hooks der erfolgreichsten Pop-Songs kommen aber mit zwei Noten aus. Jedenfalls ist der Hook jener Abschnitt eines Tracks, der hervorsticht, prägt, den Hörer also quasi in seinen Bann zieht. Wer es mit Weihnachtsliedern zu etwas bringen will, ist gut beraten, seinen Hörgenuss mit der simplen Melodie des Hooks einzuläuten. Auch dürfen Klingglöckchen und Winterwind-Geräusche nicht fehlen. Und wenn der Power-Gesang einer Mariah Carey die Sache abrundet, ist der nächste Welterfolg vom Reißbrett* faktisch schon so sicher wie das Amen in der Kirche.
Der kanadische Musiker David Foster, der unter anderem bei den Erfolgsalben von Michael Bublé, Celine Dion und Josh Groban mitgemischt hat, setzt bei Weihnachtsliedern auf Klassiker. Devise: Wer in seine Weihnachtsalben zu viele Neukompositionen packt, kämpft auf verlorenem Posten und erleidet Schiffbruch. Insofern überrascht es nicht, dass es in »Christmas Songs«, seinem Mini-Album mit seiner Frau Katherine McPhee, nur so wimmelt von vertrauten Klängen. »Jingle Bell Rock« ist im Pop-Jazz-Aufputz ebenso dabei wie »Rudolph the Red-Nosed-Reindeer«. Des ungeachtet geht es aber auch komplett anders. So ist es etwa der Gruppe Pentatonix im neuen Album allein darum zu tun, mit Kulturen, Liedern und Künstlern möglichst breit aufgestellt* zu sein. Dementsprechend darf in ihrer jüngsten musikalischen Weihnachtsbotschaft weder eine Meghan Trainor noch ein Lang Lang oder eine Lea Salonga fehlen.
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Superstars bei Bedarf die Krallen zeigen
Es ist wahrlich nichts Neues, dass in der Wirtschaft zuweilen mit harten Bandagen gekämpft wird. Die Musikindustrie bildet da keine Ausnahme. Auch wenn sich alle Welt um einen Weihnachtshit reißt, ist es kein Leichtes, ihn de facto zu landen. Dementsprechend wenige Debütanten im Weihnachtsgeschäft schaffen den ersehnten Durchbruch*. Das Gros der Streaming-Ära versandet, ehe davon eine Seele Notiz nimmt. Ariana Grandes »Santa Tell Me«, veröffentlicht 2014, mausert sich hingegen nach und nach zum Klassiker, zumal auch die Fans der berückenden Popkünstlerin nicht jünger werden und sich nach einem bleibenden Wert sehnen. Auf TikTok war ihr Song dennoch bloß für 371.000 Videos gut, während nach Mariah Careys »All I Want For Christmas Is You« 12 Millionen Nutzer lechzten. Ja, allein auf Spotify verzeichnete Careys Kassenschlager mehr als 1,2 Milliarden Streams.
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Wer über eine solche Marktmacht gebietet, läuft leicht Gefahr, den Bogen zu überspannen. So hat Carey etwa versucht, sich den Begriff »Queen of Christmas« nicht bloß für die Musik, sondern ebenso für Hundehalsbänder, Düfte, Kleidung & Co markenrechtlich zu schützen. Dass ein solcher Markenschutz Existenzen bedroht, war Carey offenbar nicht bewusst. Elizabeth Chan jedenfalls, die ihren Lebensunterhalt mit dem Schreiben von Weihnachtsmusik verdient, müsste bei Genehmigung von Careys Antrag von der Verwendung des Begriffs »Queen of Christmas« absehen.
Die Crux an der Sache ist, dass ein Markenrechtsstreit empfindlich ins Geld gehen kann. Wäre drum die namhafte US-Kanzlei WilmerHale mit Anwalt Louis W. Tompros der Songwriterin Chan nicht unentgeltlich in die Seite getreten, hätte es am 15. November 2022 keinen negativen Bescheid des Markenamts gegeben und klassisches Markenmobbing* das Feld behauptet. Fazit: Auch weiterhin steht es Chan frei, sich »Queen of Christmas« zu nennen.
* Unbezahlter Weblink (Eigenwerbung)
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