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Collin Coel

Kreativität: Auf der Suche nach dem Heureka-Moment

Aktualisiert: 29. Mai

22,59 Millionen Deutsche ab 14 Jahren maßen 2015 einem kreativen Leben eine hohe Bedeutung bei. Insofern überrascht es nicht weiter, dass sich 2019 73 Prozent der Befragten in Deutschland aus Spaß in ihrer Freizeit kreativ betätigten. Kreativität ist eben in. Mit Einfallsreichtum assoziiert alle Welt Innovation und Fortschritt. Nicht von ungefähr schreien alle Unternehmen neuerdings nach kreativen Köpfen, die mit unkonventionellen Ideen aufwarten. Längst ist das Fachwissen aufgeschlossenen Führungskräften nicht mehr genug. Dementsprechend fördern sie innovative Leute nach besten Kräften, ohne dabei aber die Kreativität ihrer spielerischen Leichtigkeit zu berauben.


Junger Mann auf Couch mit Laptop und Glühbirne als Kopf

Quelle: mohamed_hassan auf Pixabay


Viele Gesichter der Kreativität


Wer zur Definition der Kreativität (lat. creatio = Schöpfung) die Psychologie bemüht, muss zwingend zwischen der konzeptionellen und der experimentellen Kreativität unterscheiden. Weit gefehlt, zu glauben, dass einfallsreiche Leute den Zenit ihrer kreativen Schaffensperiode in ihren jungen Jahren erleben. Zwar machen kreative Köpfe erstmals im Alter von 25 bis 29 Jahren durch unentwegtes Hinterfragen gängiger Theorien und Lehrmeinungen von sich reden, diese konzeptionelle Kreativität sieht aber gemessen an der experimentellen Kreativität ab Mitte 50 alt aus. In diesem Alter schöpft der Mensch nämlich neue Ideen aus seinem Wissen und seiner Erfahrung.


Junge Frau mit Blick auf Haftnotizzettel eines Bürofensters vor dem Hintergrund eines Stadtpanoramas

Quelle: magnetme auf Pixabay


Selbstredend verfügt nicht ein jeder über die Gabe, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und mit unkonventionellen, originellen Ideen zu neuen Ufern* aufzubrechen. Vor allen Dingen, wenn die Problemlösungen obendrein nützlich und verwertbar sein sollen. Daraus erhellt, dass es etlicher Fähigkeiten bedarf, um als Genie für Furore sorgen zu können. So sehen sich Kreative in der Lage, Zusammenhänge zu erkennen, in Bildern und Analogien zu denken, Gegensätze auszuhebeln, die Perspektive zu wechseln und sich bedingungslos einer Situation anzupassen. Sie scheuen weder intuitive Handlungen noch die Verwerfung schlechter Ideen. Sie saugen jedes nur denkbare Körnchen Wissen auf und lassen spontane Assoziationen zu.


Kreativität als Mix aus Veranlagung und Einstellung


Niedrige assoziative Barrieren führen durch die Kombination unterschiedlicher Fachgebiete zwangsläufig zu großen Erfindungen. Ohne ein entsprechend breites Wissen bleibt der Blick über den Tellerrand freilich ein frommer Wunsch. Für Frans Johannson, den Autor des Buches »Der Medici-Effekt«, ist er jedenfalls wenigstens so wichtig wie die genetische Veranlagung. Auf ebendie beschränkt der deutsche Hirnforscher Gerhard Roth die Fähigkeit zur Kreativität. Womöglich ist das Geheimnis erfolgreicher Erfinder aber auch schlicht ihr ungeheurer Tatendrang. Zumindest sieht die renommierte Harvard-Professorin Teresa Amabile Kreativität als Ausfluss der Einstellung, des Wissens und der Gene.


Rückenansicht eines jungen Mannes mit Blick auf Whiteboard

Quelle: StartupStockPhotos auf Pixabay


Dass sich im kreativen Handeln Intelligenz bekundet, steht außer Frage. So durchläuft noch jeder kreative Schaffensprozess vier Phasen: die Problemidentifikation (Ist-Analyse), die Vorbereitungsphase der Zieldefinition und Teambildung, die Generierungsphase, auch Inkubationsphase genannt, und die Beurteilungsphase, welche die Spreu vom Weizen scheidet und mit unbrauchbaren Lösungen kurzerhand aufräumt. Daraus erhellt, dass die Kreativität regelmäßig mit einem unsichtbaren Prozess einhergeht und nur dem Anschein nach als Geistesblitz daherkommt. Kontrollieren und erzwingen lässt sich die Kreativität nämlich nicht. Dafür kann sie gleich einem Muskel trainiert werden. Selbst die künstlerische Kreativität* bildet da keine Ausnahme. Namentlich sie schreit aber nach dem Abbau sämtlicher Barrieren, die ihrer Entfaltung Abbruch tun.


Kreativitätstechniken in Hülle und Fülle


Brainstorming: Den Gedanken freien Lauf lassen

Jede Idee ist willkommen. Nichts wird von vornherein ausgeschlossen. Im Brainstorming geht es mithin darum, alles aufs Papier zu werfen, was einem spontan zum Thema einfällt. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.


Vier Fäuste als Symbol des Teamworks über Geschäftspapieren

Quelle: mohamed_hassan auf Pixabay


Mindmap: Visualisierung geordneter Gedanken

Der Name ist Programm. Mindmaps helfen, Gedanken (engl. mind) mittels einer Karte (engl. map) zu systematisieren. Folglich ist es denkbar, die ungefilterten Gedanken von Brainstormings mit Mindmaps zu ordnen. Dazu genügt es, den Zentralbegriff mittig auf einem Stück Papier zu platzieren und mit Verästelungen und Verbindungen Haupt- und Unterpunkte des Problems kenntlich zu machen.


Morphologischer Kasten: Tabelle für komplexe Probleme

Multidimensionale, schwer quantifizierbare Probleme sind in einem morphologischen Kasten gut aufgehoben. Dazu werden die Parameter des Problems und ihre Ausprägungen in eine Matrix gepackt. So erhellt aus der Tabelle beispielsweise, dass als Material Metall, Holz und Plastik infrage kommen und die Form eine Kugel, ein Zylinder oder ein Würfel sein kann. Am Kreativen ist es sodann, jene Material- und Formkombination zu ermitteln, die das Problem bestmöglich löst.


Walt-Disney-Methode: Perspektivwechsel mit drei Rollen

Bei dieser Gruppenmethode schlüpft der Kreative erst in die Rolle des Träumers, ehe er zum Realisten und Kritiker wird. Darf er sich also zunächst für alles erwärmen, was sein Herz begehrt, checkt er im Anschluss, welche Ideen verwirklicht werden können. Schließlich führt die konstruktive Kritik zur Auswahl der optimalen Lösung des Problems.


6-3-5-Methode: Gedankenimpulse für die Gruppe

Die Sache ist rasch erklärt. Sechs Teilnehmer arbeiten an jeweils drei Ideen fünfmal. Zum Auftakt notiert also jeder Teilnehmer drei Ideen. Sodann gehen die Zettel der Teilnehmer reihum, bis jeder Einzelne seinen Senf zu den Ideen der restlichen Teilnehmer dazugegeben hat.


Denkhüte: Perspektivwechsel in Farben

Mit sechs Denkhüten in unterschiedlichen Farben arbeitet der britische Psychologe Edward de Bono. Dabei verkörpert der weiße Denkhut analytisches Denken, der rote Denkhut emotionales Denken, der schwarze Denkhut kritisches Denken, der gelbe Denkhut optimistisches Denken, der grüne Denkhut kreatives Denken und der blaue Denkhut ordnendes Denken. Dementsprechend muss sich jedes Teammitglied in die Umstände fügen und sich der Problemlösung je nach Denkhut annähern.


Selbstreflexion: Arbeit an sich selbst unabdingbar

Kreativität fördern gut und schön, ohne entsprechende Persönlichkeit haben Kreativitätstechniken allerdings keinen sittlichen Nährwert. Zwingend bedarf es der Offenheit, Spontaneität, Flexibilität und Risikofreude*, um je als Kreativer von sich reden machen zu können. Und ja, am Selbstbewusstsein sollte es dem Kreativen auch nicht gebrechen, lauern doch die Kritiker, Neider und Besserwisser* an allen Ecken und Enden. Als anders, exzentrisch oder – weniger euphemistisch – verrückt wird der Kreative ohnehin seit alters eingestuft. Dafür hat er beizeiten gelernt, wie gewinnbringend ausgedehnte Spaziergänge sind. Ganze 60 Prozent mehr Kreativität versprechen sie, wie Wissenschaftler der Stanford University herausfanden.


No-Gos im kreativen Umfeld


• Zeitdruck

Deadlines haben durchaus ihr Gutes, sind sie allerdings zu knapp bemessen, sind sie Kreativitätskiller ohnegleichen. Nicht von ungefähr heißt es: Gut Ding will Weile haben. Revolutionäre Ideen brauchen ihre Zeit. Sie reifen im Unterbewusstsein schier ewig und drei Tage, ehe sie ihren Durchbruch feiern.


• Wettbewerb

Konkurrenz mag zwar das Geschäft beleben, in der Kreativität hat sie gleichwohl nichts verloren. Je mehr Konkurrenten einander das Feld streitig machen, desto entmutigender und leistungshemmender ist das Arbeitsumfeld.


• Angst

Bekanntlich macht Not erfinderisch. Das mag für Einzelne durchaus zutreffen, in der Regel blockiert Angst aber jeden kreativen Prozess, zumal sich das Gehirn zur Gänze den Urreflexen verschreibt. Es verordnet die Flucht oder pfeift zum Angriff, nachdem sich der Betroffene aus den Fesseln der Angststarre befreit hat. Heißt im Umkehrschluss: Wer kreative Köpfe sucht, tut gut daran, für Ausgeglichenheit und Wohlbefinden zu sorgen. Devise: Glückliche Menschen haben das Zeug, Großes zu leisten.


• Verbissenheit

Nicht zu verwechseln ist die Verbissenheit mit der Zielstrebigkeit. Während es wichtig ist, fokussiert zu bleiben und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, kann Verbissenheit das Hirn überlasten. Angezeigt ist es drum, beizeiten abzuschalten und mit Ruhephasen für die Möglichkeit der Informationsverarbeitung durch das Unterbewusstsein zu sorgen. Damit kommen nicht selten die Ideen von ganz allein.


* Unbezahlter Weblink (Eigenwerbung)

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