Wen’s juckt, der kratze sich, heißt es in der sehenswerten spanischen Dramödie »El inconveniente«, die durch den Schlagabtausch ihrer Hauptdarstellerinnen Juana Acosta und Kiti Mánver besticht. An dieser unverhohlenen Einladung zum Seitensprung ist scheint’s kein Arg, nachdem Umfragen zufolge 80 Prozent der Männer und Frauen über eine Affäre anstandslos hinwegblicken können. Insofern ticken in Österreich die Uhren anders. Zumindest belegt eine aktuelle repräsentative Studie der Onlineplattform Parship, dass lediglich 41 Prozent der Männer und 34 Prozent der Frauen mit der Untreue klarkommen. Aus gutem Grund.
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Bunga Bunga: Der Reiz des Verruchten
Nicht erst seit gestern boomt das Bunga-Bunga-Business. Während klassische Online-Partnerbörsen ihr Wachstumspotenzial längst ausgereizt haben, mausert sich die Vermittlung von Sexkontakten zur reinsten Gelddruckmaschine. So schuf etwa Robert Wuttke, Ex-Chef der Suchmaschine Lycos, 2008 mit C-Date eine Affärenplattform, die nur drei Jahre später acht Millionen registrierte Nutzer in 35 Ländern der Welt hatte. Und das Untreueportal Ashley Madison, das zur Stunde über 60 Millionen Nutzer gebietet, erfreute sich bereits 2014 eines Jahresumsatzes von 115 Millionen US-Dollar.
Allein dem Marketing mit prominenten Fremdgängern à la Arnold Schwarzenegger, Bill Clinton und Horst Seehofer dürfte dieser Erfolg mitnichten geschuldet sein. Immerhin belegt die ElitePartner-Studie 2020 mit 5593 befragten Deutschen, dass sich rund 27 Prozent der Männer und knapp ein Drittel der Frauen wenigstens einmal in fremden Betten vergnügten.
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Keinen Deut besser ist es um die Nachbarn in Österreich bestellt. So ist in der Alpenrepublik nahezu jeder Vierte in einer festen Beziehung untreu*. Und während die holde Weiblichkeit vornehmlich durch die unglückliche Partnerschaft auf Abwege gerät oder nach Bestätigung ihrer Attraktivität lechzt, erliegen die Mannsbilder regelmäßig dem Reiz des Neuen oder handeln aus Gründen sexueller Unzufriedenheit.
Wiederholungsgefahr: Notorische Fremdgänger
Einmal Fremdgänger, immer Fremdgänger? Das Vorurteil, dass gegen die Untreue kein Kraut gewachsen ist, hält sich hartnäckig. In der Tat entpuppen sich auch, wie aus einer Umfrage der Zeitschrift »Freundin« erhellt, 59 Prozent aller Fremdgänger als Wiederholungstäter. Ja, de facto hat es gar den Anschein, als würde die Untreue zum Wesen des Menschen* gehören. Zumindest ist die Wahrscheinlichkeit eines Fehltritts bei jenen Partnern, die bereits einmal fremdgingen, 3,7-mal höher als bei Menschen, die von Haus aus treue Seelen sind und nie nach den süßen Früchten in Nachbars Garten schielen. Was aber um ein Bedeutendes mehr wiegt: 75 Prozent der Frauen machen sich kein Gewissen aus ihren Betteskapaden. Nachdem sich allerdings bloß 58 Prozent der Männer für ihre Affären schämen, haben es Moralapostel grundsätzlich schwer, den Seitensprung als unverzeihliches Übel zu brandmarken.
Frühwarnsignale: Neuauflage wirksam begegnen
Dem Berliner Psychotherapeuten Wolfgang Krüger zufolge ist ein typisches Verhalten nach dem Fremdgehen der unaufhörliche Kontrollzwang. Wenn schon nicht klammheimlich die Spionage-App aufs Smartphone des Partners wandert, werden allemal Mails gecheckt und Taschen durchforstet. Es ist, als ob mit einem Mal eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Partners unabdingbar wäre, um schlaflosen Nächten vorzubeugen. Die Crux dabei ist, dass dieses permanente Nachspionieren letztlich keinen sittlichen Nährwert hat. Immerhin vermag niemand, einen Menschen grundlegend zu ändern.
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Insofern ist Paaren weit besser gedient, wenn sie sich beizeiten über das Wesen ihres Partners im Klaren werden*. Anschauungsunterricht liefert etwa der Narzissmus. Auf den ersten Blick mag ein ausgemachter Narzisst wie ein Lotto im Sechser anmuten, keine Frage. Er glänzt durch seine Attraktivität und seinen unwiderstehlichen Charme. Doch das ostentative Selbstbewusstsein ist bloß Fassade. Sein ausgeprägter Minderwertigkeitskomplex zwingt den krankhaften Narzissten vielmehr dazu, auf Eroberungen auszugehen. Und diese unstillbare Sehnsucht nach Bestätigung und Liebe macht ihn letztlich für den Seitensprung anfällig wie keinen Zweiten.
Was es heißt, mit dem anderen Pol der Borderlinephilosophie sein blaues Wunder zu erleben, lässt sich am Gebaren des schüchternen, introvertierten Partners ermessen. Weit gefehlt, zu glauben, dass er aus Angst, die extrovertierte, selbstbewusste bessere Hälfte zu verlieren, von einer Affäre absieht. Im Gegenteil. Gerade weil er seinen manifesten Minderwertigkeitskomplex kompensieren muss, ist er, anders als seine aufgeschlossene Herzallerliebste, auf den Seitensprung abonniert.
Hoffnungsschimmer: Gnade vor Recht ergehen lassen
Eine langjährige Affäre zu verzeihen ist unter Garantie für niemanden ein Leichtes. Mit Kurzzeitaffären haben aber speziell ältere Menschen kein Problem. Wenigstens lässt die Parship-Studie der Österreicher diesen Schluss zu. Während sich die älteren Semester ihrer Liebe sicher sind und nahezu ausnahmslos kein Aufheben von einem kleinen Ausrutscher ihrer Partner machen, kennen 69 Prozent der Jungen keinen Pardon bei einem Seitensprung. Für sie ist die Trennung von der untreuen Seele ein Muss.
Ein Problem stellt sich bei dieser Statistik dennoch. So scheiden sich die Geister, welcher Akt denn de facto von Untreue zeugt. Während für 22 Prozent der befragten Österreicher bereits das Flirten inakzeptabel ist, ist für 79 Prozent erst eine Affäre ein unverrückbares Indiz der Untreue.
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Jedenfalls gilt es, ruhig Blut zu bewahren und nichts zu überstürzen. Namentlich wenn Kinder mit im Spiel sind. Ihnen ist mit einer überstürzten Scheidung fraglos nicht gedient. Allein schon deshalb, weil Sicherheit einer Beziehung fremd ist. Stets ist es denkbar, dass der Partner durch Krankheit oder Unfall unerwartet aus dem Leben scheidet. Dies soll freilich nicht heißen, ihm deshalb einen Freibrief für Betteskapaden ausstellen zu müssen. Vielmehr ist das intensive Gespräch gefragt. Die Klärung der Ursachen für sein Fehlverhalten*, wenn man so will. Und falls es realistisch erscheint, die Beziehungsdefizite auszuräumen, kann ein Seitensprung unstreitig die Chance für einen Neubeginn sein.
Einstellungssache: Wann der Schlussstrich angezeigt ist
Einer repräsentativen Umfrage der Seitensprung-Fibel unter 1014 Deutschen zufolge würden 26 Prozent der Befragten ihre Langzeitbeziehung schmeißen, wenn ein echter Traumpartner um ihre Gunst buhlt. Ertappen sich die Partner gleichwohl bei solchen Gedanken, hängt bei ihnen ohnehin der Haussegen schief und ist die Trennung nur noch eine Frage der Zeit.
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Eine Erwägung wert ist die Trennung allemal, wenn die Biologie verrücktspielt. Fakt ist nämlich, dass Menschen mit einer bestimmten Variante des DRD4-Gens anfälliger für unverbindlichen Sex sind. 181 junge Menschen hat das Forscherteam um Justin Garcia von der Binghamton University in New York dazu unter die Lupe genommen. Fazit: Die Hälfte der Probanden mit der fraglichen, liederlichen DRD4-Variante konnten einem Seitensprung nicht widerstehen. Nachdem es sich bei DRD4 um ein Dopamin-Rezeptor-Gen handelt und Dopamin als Glückshormon in aller Munde ist, überrascht es nicht weiter, dass DRD4 nicht nur nach übermäßigem Alkoholkonsum schreit und den Spieltrieb weckt, sondern obendrein den Sexappetit steigert.
Selbstredend ist die genetische Vorbelastung kein wirklicher Trost für den gehörnten Partner. Sollten die Affären also zur Dauereinrichtung werden, schafft allein das Beziehungsende Abhilfe. Wer nicht gleich den vier Prozent Österreichern in einer offenen Beziehung lebt, vermag die emotionale Belastung einer krankhaften Untreue auf Dauer nicht zu verschmerzen. Oder um Ed Asner, den 2021 verschiedenen Hauptdarsteller von »Love Meet Hope«, zu zitieren: Das Leben ist keine Frage der Endergebnisse. Entscheidend ist vielmehr, wie wir es leben. Und: Mit wem wir es leben.
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